10.08.84

Nervenärztliche Einschätzung durch das MfS
 

"Nach seinen eigenen Darlegungen ging es ihm auch nicht nur um seine eigene Person, d. h. um das Empfinden, ungerecht behandelt zu werden, sondern um die Durchsetzung seiner ideologischen Vorstellungen. Die in den Tathandlungen erkennbaren Aspekte der Selbstwertüberhöhung sind deshalb nicht  Ausdruck einer neurotischen Fehlverarbeitung, sondern einer wissentlichen und willentlichen Orientierung. Aus diesen Gründen ist der Beschuldigte aus forensisch-psychiatrischer Sicht als strafrechtlich voll verantwortlich anzusehen".

Der Arzt hätte auf Grund der psychischen Folter und des Unfalles, den der Verteidiger, L. de M., verharmlosend als normale “Knastmauke” und der Stasi-Vernehmer, Major Wen., zynisch als ” frühen Zusammenbruch” bezeichnete (s. Vernehmungsprotokoll), eine Traumatisierung feststellen können. Diese Feststellung wiederum hätte als Begründung für einen Antrag auf Haftverschonung dienen können. Auf die Idee, den Antrag zu stellen, kam der Arzt, Dr. med. Bö., natürlich nicht, weil er sich nicht als Diener des Patienten verstand, sondern als Diener der Staatssicherheit. Für den Arzt war nur wichtig festzustellen, dass K. "strafrechtlich voll verantwortlich" ist, d. h., dass K. seine Inhaftierung selber zu verantworten hat. Dass die Inhaftierung eine grobe Menschenrechtsverletzung darstellte (s. Strafanzeige), die natürlich auch die Gesundheit des Menschen verletzt, das kam dem Arzt nicht in den Sinn. Gerade als Arzt hätte er das aber erkennen müssen und etwas dagegen unternehmen müssen, z. B. in Form eines Antrages auf Haftverschonung.

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