25.04.84
Vernehmungsprotokoll
In seiner ersten Vernehmung hat K. versucht, den Vorwuf, eine strafbare Handlung begangen zu haben, zu widersprechen. Er legte auch entsprechend Haftbeschwerde ein. Das war sinnlos, denn K. wurde nicht aus der Haft entlassen, sondern in Isolationshaft festgehalten. Als er am ersten Vernehmungstag nach einem Anwalt fragte, wurde ihm von der Stasi höhnisch gesagt: "Wir leben doch hier nicht in Amerika". Er wurde in Isolationshaft gehalten, mit seinem Schicksal und mit der Frage, wie es nun weitergeht, im Ungewissen gelassen.
Das Prinzip der Stasi war, den Beschuldigten sämtliche Menschenrechte und die Menschenwürde zu nehmen. Sie steckte sie in blaue Einheits-Trainingsanzüge und verpasste jedem eine Nummer. Mit ihren Nummern, die die Beschuldigten gesagt bekamen und die sie sich merken mussten, wurden sie vom Wachpersonal aufgerufen, wenn es hieß, dass sie aus der Zelle zur Vernehmung mitkommen sollten. Die Nummerierung erinnert stark an andere Diktaturen, wo unschuldige Menschen zu Nummern gemacht wurden. Der Unterschied ist nur, dass die Stasi niemand in die Gaskammern schickte, sondern nur in die Zuchthäuser. Was aber auch schmerzhaft war, besonders wenn Familien dabei getrennt wurde. Im Übrigen fiel es K. nicht schwer, Taten zu gestehen, die aus der ungesetzlichen fristlosen Entlassung resultierten. Dass die Entlassung ungesetzlich war, bestätigte ihm später der Betrieb, der sich bei ihm entschuldigte (s. Entschuldigungsschreiben). Die so genannte "ungesetzlichen Verbindungsaufnahme" war kein Verbrechen, da er mit der Verbindungsaufnahme weiter nichts tat, als "sein verfassungsmäßiges politisches Grundrecht auf Meinungsfreiheit wahrzunehmen" (s. Reabilitierungsbeschluss), indem er von seiner ungesetzlichen fristlosen Entlassung wahrheitsgemäß berichtete. |
Entschuldigungsschreiben für störrisches Verhalten bei der ersten Vernehmung:
handschriftlich:
*) Die Isolationshaft ist wegen ihrer Auswirkungen auf den Häftling sehr umstritten und wird von Kritikern auch als Vernichtungshaft bezeichnet.
Rechtliche Bewertung
Die Isolationshaft als solche und damit auch ihre Rahmenbedingungen sind gesetzlich in der Regel nicht festgeschrieben. Die Unterbringung von Gefangenen unter Isolationsbedingungen wird aber weltweit von Menschenrechtsorganisationen geächtet und als Foltermethode bezeichnet, wird aber auch vermutlich weltweit im offiziellen und inoffiziellen Justizvollzug ohne Rechtsgrundlage eingesetzt. Wikipedia